Ich denke das ist dann wieder branchenspezifisch und da ist der Wunsch Vater des Gedanken....
Ein Manager denkt nicht so (leider). Ein Manager schwafelt in bester Businesskaspermanie von "KPI, USP, Alleinstellungskriterien" usw. Darüber hinaus werden Lifestyleanalysen angestellt und empirische Daten über potentielle Käufer erhoben.
Aus Sicht der Businesskasperriege macht der aktuelle Manager absolut alles (!) richtig: Käufer = 90% Männer, 10% Frauen / in der Regel >40 Jahre / in der Regel gutes Einkommen / in der Regel Bausparvertrag kurz vor der Auflösung / in der Regel Kinder aus dem Haus und Sinnkrise / hat in der Jugend James Dean und Steve McQueen gut gefunden => Nimm eine Dosis Retro, schütte die über ein in Indien gebautes Motorrad, setze fürs Marketing David Beckham drauf und versuche, schlechte Margen durch den Verkauf von T-Shirts, Retrojacken und Caps zu nivellieren. Ein Brise Freiheit drauf ("go your own way") und schon hat man den lebenskriselnden Mittvierziger im Sack
Da der geneigte Käufer (s.o.) aber überhaupt nicht der Typ "18er Ringschlüssel fürs Bierflasche öffnen" ist, sondern bei der Abholung der neuen Maschine gerne einen Prosecco für die werte Gemahlin gereicht haben möchte, braucht es natürlich auch die von Dir genannten Bling-Bling-Tempel mit sauberem Granitfliesen-Boden, einem Verkäufer mit Steve McQueen-Poloshirt und einer Videowall, auf der einem das o.g. "Go your own way"-Video das nötige Gefühl von Rebellion vermittelt...
Um das Ganze dann noch zu perfektionieren, kauft man einen 20m-Truck und stellt diesen inklusive Marketing-Apparat und 200 Kartons mit T-Shirts zum Glemseck und die Tridays und fördert damit das Thema Merchandise noch mehr (wer wechselt schon die Marke, wenn er für 2.000 € Triumph-Shirts im Schrank hat?!)
Hört sich bescheuert an, ist es vermutlich auch (ich beanspruche nicht für mich die Wahrheit zu kennen sondern interpretiere sie nur für mich).
Ein Beweis dafür sind aber die Suchergebnisse bei mobile.de => Gib dort mal Triumph+Explorer+Gebraucht ein und sortiere die Ergebnisse nach km-Stand. Bei Seite 6 von 9 (!) fangen die Maschinen mit >10.000 km Laufleistung an (und dann sind sie 4 Jahre alt, haben aber alle unbenutzte Aluboxen verbaut). Ich würde behaupten, dass mindestens 50% aller NEUEN Motorräder (markenübergreifend) Lifestyle-Objekte sind, die man sich halt in die Garage stellt - wie den neuesten Lafer-Weber-Grill, das ausfahrbare Sonnensegel und den aktuellen 5er-BMW. Und ich befürchte, der Trend ist mangels Nachwuchses und dank auslaufender Bausparverträge der o.g. Generation eher steigend. Wobei ich die Jungs nicht verunglimpfen möchte - ich habe auch lauter Spielzeug nur des Spielzeugs willens im Haus...
Klar ist, dass diese Käufer genau so viel regelmäßigen Kontakt mit dem Händler haben wie ich mit meinem Mercedes-Händler: Wenn meine Serviceanzeige leuchtet, rufe ich an und lasse die Karre holen. Am nächsten Tag kommt er frisch geputzt wieder und ich rege mich kurz über die Rechnung auf. Das wars dann.
Richtig böse könnte man nun werden, wenn man die vielen vielen Nutzer hier (zu denen ich mich auch zähle) und auch in anderen Foren betrachtet, die in liebevoller Kleinarbeit z.B. ihre T400, T709, T300, Daytonas, Trophies und Tiger usw. am Leben halten und perfektionieren. Die sind keine "Kunden" aus Sicht des Herstellers - die sorgen (zu 90%) in 1000 kalten Wintern nicht für Absatzzahlen bei Neumaschinen und sind daher aus Sicht des lieben Managers schlichtweg irrelevant. Serviceumsatz ist Thema des Händlers und damit für Triumph nicht wichtig. Ersatzteile kauft man ja ohnehin nur unter Zwang neu, da diese mit goldgepresstem Latinuum aufgewogen werden - aber wichtig sind vermutlich auch die nicht.
Ich habe einen Bekannten, der eine 2008er GS besitzt. Ich fahre sie ihm einmal im Jahr zur Inspektion, da er sich auf dem Ding nicht so richtig wohl fühlt. Hauptsache, man hat so ein Ding in der Garage (ohne Worte, aber wahr!). Verkaufen käme aber nie in Frage, denn man ist ja Biker...
Wenn das also der Käufer der Zukunft ist, dann macht Triumph alles richtig. Aber ich bin denen überhaupt nicht böse. Denn ich denke es ist überall so. Manchmal mehr, manchmal weniger. Mein Spaß am Thema Triumph leider darunter nur bedingt. Und wenn er anfängt darunter zu leiden, wird die nächste Mopete eben einen anderen Hersteller glücklich machen. Auf dass ich dann in drei Jahren dort im Forum einen ähnlichen Beitrag schreiben kann
PS: Zu Deiner Aussage "Die Marke überlebt das evtl. auch nicht" => Ich wette eine Kiste Öttinger (ohne Pfand aber!), dass die aktuellen Manager bei T. nicht mehr an Bord sind, wenn dieses Szenario denn eintritt. Und ich wette noch einen Kiste Öttinger darauf, dass sie bis dahin bei Ducati sind...